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ÜBER MICH

Art Voyage

Monochrome Ökologien

 

Patricia Voglreiters Praxis ist eng mit ökologischen Anliegen, die über rein formalistische Fragen hinausgehen, verwurzelt. Ihre Kunst manifestiert sich in einer nachhaltigen Reflexion über die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. So rücken in ihren monochromen Arbeiten die stofflichen Qualitäten der verwendeten Naturmaterialien wie Textil, Gips und Sand in den Vordergrund. Die bewusste Entscheidung der Künstlerin, in Werkserien mit einem spezifischen Material und einer bestimmten Farbe zu arbeiten, kann dabei auch als klare Replik auf die visuelle Überflutung unserer Gegenwart interpretiert werden. Der gegenwärtigen Erfahrungsarmut – ein Mangel an sinnstiftenden Erfahrungen, der gerade aus dem Überschuss heraus entsteht – stellt Voglreiter visuelle, taktile und emotionale Resonanzräume entgegen.

 

Von Naturphänomenen und Plattentektonik bis hin zu Inspirationen aus der modernen Baukunst reichende Assoziationen verstärken das körperliche und affektive Bezugssystem ihrer Werkserien. In der Minimalismus-Bewegung der Nachkriegszeit geriet der Produktionsprozess durch Prinzipien wie Serialität, Wiederholung, Akkumulation und das Vermeiden von gestischem Farbauftrag in Vergessenheit. Voglreiters Kunst hingegen arbeitet durch Farb- und Materialstudien sowie über die Betonung des künstlerischen Ausdrucks gegen die Rationalisierung, Mechanisierung und Technologisierung an. Diesen Entwicklungen begegnen ihre Bilder, Plastiken und Objekte mit einer kritischen Reflexion über die zunehmend verschwindenden Nuancen und Partikularitäten in einer technologisierten Welt.

 

Eingebettet in ihr plastisches Trägermaterial emanzipiert sich die Farbe in Voglreiters Werk zunehmend – ein Befreiungsakt, in dem die Farbe zur eigenständigen Akteurin wird. Doch Voglreiters Kunst geht über die rein ästhetische Erfahrung von Form und Farbe hinaus. Vielmehr eröffnet sie einen Raum für experimentelle Materialästhetik und ursprüngliche Erfahrung, die das Sehen zugleich herausfordert und zentriert. Dieser Schulterschluss verleiht ihrer monochromen Strukturkunst eine Dringlichkeit, die über das Werk hinausreicht und so einen Dialog über Nachhaltigkeit und Kunst in Gang setzt. Durch die Synthese von Monochromie, Abstraktion und ökologischem Bewusstsein eröffnet Voglreiter vielschichtige Auseinandersetzungen, die nicht auf der Ebene bloßer Darstellung verharrt, sondern aus dem Changieren zwischen Struktur und Material, Form und Farbe entsteht.

 

Text: Christoph Chwatal

Christoph Chwatal ist Kunsthistoriker und Kunstkritiker. Er ist Lecturer für Kunst der Gegenwart an der Vrije Universiteit Amsterdam und schreibt regelmäßig für Kunstzeitschriften wie Texte zur Kunst und springerin.

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